Modi der Wirklichkeitskonstruktion in magischen und alternativreligiösen Gruppen

Aufgabe des Projekts ist der Vergleich wissenschaftlicher Konzeptualisierungen der biographisch bedeutsamen Wirklichkeitskonstruktion von magisch Praktizierenden und Anhängern neopaganer Gruppen. Das Projekt verbindet dabei theoretische Analysen mit empirischen Daten aus Feldstudien zu zeitgenössischen Magiern und Schamanen sowie zu germanischgläubigen Neuheiden (Ásatrú). In der akademischen Diskussion konkurrieren seit Jahren das Konzept des Interpretive Drift, also des allmählichen Verfestigen magischer Beliefs durch praktische Erfahrungen (Luhrmann), und das der Coming Home-Erfahrung (Adler), also der Empfindung, mit dem Beitritt zu einer neopaganen Gruppe keine religiöse Konversion zu erleben, sondern bereits lange Bekanntes lediglich wiederzufinden. (Letzteres ist ein Narrativ, das auch im neopaganen Feld selbst vorfindbar ist.) Ein Ziel der Untersuchung besteht darin, das Verhältnis dieser beiden Konzepte oder Modi der Wirklichkeitskonstruktion zueinander zu bestimmen. Gefragt wurde dazu ebenfalls nach der Relevanz anderer biographischer Faktoren bei der Hinwendung zu solchen Gruppierungen, für die magische Praktiken und Rituale von besonderer Bedeutung sind. Darüber hinaus untersuchen wir die Bedeutung außergewöhnlicher Erfahrungen für den Prozess, die mit einem ausgeprägten subjektiven Evidenzempfinden verknüpft sind und die oft in diesem Zusammenhang von der Forschung ignoriert werden. Zieht man solche individuellen biografischen Aspekte wie auch unterschiedliche persönliche Motivationsstrukturen in Betracht, so ergibt sich eine immense Bandbreite an möglichen Zugängen zu heterodoxen Weltanschauungen. Unsere These lautet, dass einfach Generalisierungen bezüglich der Charakterisierung eines typischen Wegs zur Übernahme magischer Glaubensvorstellungen und Praktiken irreführend sind.

Projektleiter: PD Dr. Michael Schetsche

Bearbeiter: Dr. Gerhard Mayer und Dr. René Gründer

Publikationen:

Mayer, G. & Gründer, R. (2012). Coming Home or Drifting Away. Wege zur Übernahme heterodoxer Glaubensvorstellungen und alternativer religiöser Weltanschauungen. In M. Schetsche und K. Krebber (Hg.), Grenzpatrouillen. Sozialwissenschaftliche Forschung zu außergewöhnlichen Erfahrungen und Phänomenen (S. 189-221). Berlin: Logos.

Mayer, Gerhard und Gründer, René. (2011). The Importance of Extraordinary Experiences for Adopting Heterodox Beliefs or an Alternative Religious Worldview. Journal of the Society for Psychical Research, 75.1(902), 14-26.

Mayer, G. & Gründer, R. (2010). Coming Home or Drifting Away - Magical Practice in the 21st Century. Ways of Adopting Heterodox Beliefs and Religious Worldviews. [Postprint Version] Journal of Contemporary Religion, Volume 25 (3), pp. 395-418. 

© 2007 IGPP  (impressum) Stand: 22.6.2012