- IGPP
- Empirische Kultur- und Sozialforschung
- Nightmare
Nightmare on Elmstreet
Okkulte Filminhalte: Rezeptionsstrategien bei Jugendlichen
und jungen Erwachsenen 1)
Gerhard Mayer
Zusammenfassung – Ziel
dieser Studie war die Analyse individueller Rezeptionsstrategien
von okkulten Filminhalten bei Jugendlichen. 50 Jugendlichen wurde
in Einzelsitzungen jeweils ein Teil eines Horrorfilmes
vorgeführt. Die Darbietung wurde an mehreren Stellen
unterbrochen und Fragen zu dem gerade Gesehenen gestellt. Weitere
Daten konnten mittels Fragebögen gewonnen werden. Zwischen
einer Vorliebe für das Filmgenre Horror und einer starken
Orientierung an okkulten bzw. nicht-rationalen Filminhalten muss
unterschieden werden: Horrorfans zeichneten sich weder durch
ausgeprägtere okkulte Belief-Systeme noch durch eine
signifikant stärkere Orientierung an nicht-rationalen
Filminhalten aus. Andere Themenbereiche, nämlich
Aggressivität und Sexualität, spielen eine wichtigere
Rolle. Außerdem ließ sich bei der Vorliebe für
das Genre Horror eine Entwicklungsabhängigkeit feststellen:
In den Bereichen "Politik" und "Sexualität" hat bei
Horrorfans tendenziell eine weitergehende Auseinandersetzung
stattgefunden, als dies bei den anderen Probanden der Fall war.
Hingegen zeigte sich, dass eine starke Orientierung an okkulten
bzw. nicht-rationalen Filminhalten mit emotionaler Labilität
und einer pessimistischen Grundeinstellung sowie mit der
Ausbildung okkulter Belief-Systeme zusammenzuhängen scheint.
Eine Abhängigkeit vom Entwicklungsstand konnte hier nicht
nachgewiesen werden. Neben der quantitativen Auswertung der Daten
wurden Einzelfälle genauer analysiert, um ein plastisches
Bild individueller Rezeptionsstrategien zu gewinnen.
Abstract – The purpose of
this study was the investigation of individual strategies in the
reception of occult contents in films by young persons and of
differences between horror fans and other young persons. A part
of a horror film was shown to 50 adolescent subjects in single
sessions. The film was stopped at several points, and the
subjects were asked questions about what they had just seen. More
data were collected by giving a questionnaire. It must be
differentiated between liking the horror genre and a strong
orientation to occult or non-rational content in films: Contrary
to our expectations horror fans do not have a specificly strong
orientation to non-rational contents in films. Also there was
found no significant correlation with the development of occult
belief systems. Other topics such as aggressivity and sexuality
are more important. Besides there seemed to be a relationship to
the development of ego identiy in the case of those liking the
horror genre. These people had dealt thoroughly with their
political beliefs and sexuality. However it was found that an
orientation to occult or non-rational content in films correlates
with emotionality, a pessimistic attitude and also with the
developement of occult belief systems, but no dependency on
development of ego identity. In addition to the quantitative
evaluation of the data case studies were analyzed in order to get
a close picture of individual differences in the reception of
such films.
Inhalt:
1.
Einführung
2. Problemstellung
3. Hypothesen
4. Methode
5. Ergebnisse
6.
Einzelfalldarstellungen
7. Grundformen des Umgangs mit okkulten
Darstellungen im Film
8. Diskussion
Literaturverzeichnis
1.
Einführung
In der Medienforschung mußte
man von der Vorstellung, die Rezipienten von visuellen
Medienangeboten seien weitgehend passive Wesen, deren
Aktivität während der Rezeptionssituation vor allem im
Gang zum Kühlschrank und im Griff in die Chipstüte
besteht und die ansonsten der Flut von Bildern hilflos ausgesetzt
sind, Abstand nehmen. Die traditionelle Wirkungsforschung, die
sich seit Jahrzehnten um einfache, verallgemeinernde Aussagen
bezüglich Wert, Wirkung und Gefahren des Medienkonsums
bemüht hatte, konnte nur wenig imponierende Ergebnisse
vorweisen, wie McGuire 1986 in einer Metaanalyse gezeigt hat.
Für einige Wissenschaftler wurde auch aufgrund dieses
Befundes die Frage nach den individuellen Rezeptionsstrategien
interessant, mit denen die Zuschauer Medienangebote
auswählen, wahrnehmen und verarbeiten (z. B. Bachmair 1990;
Charlton, Borcsa, Mayer, Haaf, & Kleis 1996; Charlton &
Neumann 1990; Pette & Charlton 1997; Luca 1993).
Forschungsansätzen, die die
"konstruktiven, sinnerzeugenden Aktivitäten der Leser und
Zuschauer" (Charlton 1997: 16) zum Gegenstand haben,
schränken die Möglichkeiten, klare und
handlungsleitende Bewertungen des Medienangebotes zu stützen
bzw. zu fundieren, stark ein – dies ist nicht ihr Ziel. Mit
dem Blick auf die Rezipienten als Handelnde läßt sich
jedoch ein differenziertes Verständnis für die
Funktionen des Mediengebrauchs im sozialen Kontext gewinnen, das
zu einer angemessenen Bewertung der Medienangebote führen
kann und vor dem "Sündenbock-Syndrom" schützt, bei dem
soziale Missstände und gesellschaftlich unerwünschte
Verhaltensweisen als Auswirkungen der Medien "gewünscht"
werden. In solchen Projektionen nämlich erscheinen die
Probleme mit einfachen Lösungen behebbar und eine
tiefergehende Auseinandersetzung wäre nicht nötig.
Horrorfilme (und in jüngerer
Zeit auch gewaltverherrlichenden Computerspiele) sind beliebte
Kandidaten für eine Sündenbockfunktion. Ihnen wird
häufig ein negativer Einfluß auf die persönliche
Entwicklung und auf die Herausbildung von gesellschaftlich als
kritisch betrachteten Verhaltensweisen bei Jugendlichen
zugesprochen. Die Rezeption von Horrorfilmen stellt ein
jugendtypisches Phänomen dar, d.h. solche Filme werden
für Jugendliche produziert und vorwiegend von ihnen gesehen.
Das legt die Vermutung nahe, dass diese spezifischen Filminhalte
bzw. die damit verknüpften Rezeptionssituationen
entwicklungsrelevante Themen bergen. Moderne Horrorfilme
können inhaltlich u.a. dadurch charakterisiert werden, dass
ein Einbruch des Nicht-Rationalen in die Alltagswelt stattfindet.
Hierin unterscheiden sie sich von Filmen aus verwandten Genres
wie beispielsweise aus dem Bereich Fantasy und Science Fiction.
Der Rahmen, in dem die Geschichten angesiedelt sind, besitzt eine
größere Alltagsnähe. In der darin entworfenen
Welt gelten im allgemeinen auch die herkömmlich bekannten
Naturgesetze.
In verschiedenen Produktanalysen
(Reß 1990, Reß 1987; Baumann 1989) wurden plausible
Gründe für die besondere Affinität vieler
Jugendlicher zum Genre "Horror" aufgedeckt. Z. B. spiegeln sich
in solchen Filmen notwendige Entwicklungsaufgaben junger Menschen
wider. Dies zeigt sich unter anderem in charakteristischen
Elementen, die in unterschiedlichen Kombinationen in den
analysierten Filmen vorgefunden wurden. So spielen die Themen
Sexualität, Tod und Gewalt eine große Rolle, wobei der
Figur des Halb- oder Doppelwesens besondere Beachtung zu schenken
ist. In einer solchen Figur ist ein Zustand des "Noch nicht" und
des "Nicht mehr" symbolisiert (z. B. Geist, Zombie o.ä.:
nicht mehr lebendig, noch nicht richtig tot). Das Jugendalter
kann als eine Lebensspanne verstanden werden, die gerade durch
einen solchen Zustand des "noch nicht – nicht mehr"
charakterisiert ist (noch nicht Erwachsener, nicht mehr Kind).
Als weitere Charakteristika sind zu nennen: Ein pessimistisches
Gesellschaftsbild wird entworfen, in dem die staatlichen Organe
ebenso wie die Kirche versagen und die Institution "Familie"
häufig in einem desolaten Zustand gezeigt wird. Die
Jugendlichen selbst werden von den Erwachsenen nicht akzeptiert
und gefördert; es besteht ein Verhältnis der
Konfrontation zwischen den Generationen. Neben solchen
manifesten Inhalten lassen sich auch latente
Botschaften in Horrorfilmen ausmachen. Sie betreffen nach den
Ergebnissen der Analyse von Reß (1990) 1. die Gespaltenheit
der menschlichen Existenz, die den Wunsch nach Klarheit, Einheit
und Ganzheit enttäuscht, 2. das Entwicklungsprinzip "Stirb
und Werde", welches die Metamorphose vom Kind zum Erwachsenen
beherrscht, und 3. die Wiederkehr des Verdrängten. Beim
leichten Kratzen an der schönen und glatten Oberfläche
kommen die triebhaften und animalischen Aspekte der menschlichen
Existenz ungebändigt zum Vorschein.
Während im Bereich der
Produktanalysen schon einige Forschung geleistet worden ist,
beschränkten sich die Forschungsbemühungen
bezüglich der Rezipientenseite vor allem auf soziologische
Fragestellungen, z. B. zum Fan-Verhalten (z. B. Winter 1993;
Winter 1995; Eckert, Vogelgesang, Wetzstein, & Winter 1991;
Vogelgesang 1991; Wagner-Winterhager 1984; Raschke 1996).
Zur systematischen Erhebung
individueller Rezeptionsmuster, in denen Zuschauer
solche Filme wahrnehmen, bestand noch Untersuchungsbedarf. Die
oben beschriebenen Charakteristika mit ihrem Bezug zu
entwicklungspsychologischen Themen soll keineswegs zum Schluss
verleiten, dass die meisten oder gar alle Jugendlichen eine
Präferenz für dieses Filmgenre zeigen. Welche Art von
Filmen bevorzugt und in welcher Art sie rezipiert werden,
hängt von der thematischen Voreingenommenheit
(Charlton & Neumann-Braun 1992) ab, die aus aktuellen und
teilweise entwicklungsbedingten Lebensthemen, "Daseinsthemen"
(Thomae, 1988) und mittelfristige oder überdauernde
Aktualität genießende "Themata" (Noam, 1988 &
1993) bzw. Identitätsthemen (Holland, 1975) resultiert. Sie
führt zu einer erwartungsgesteuerten Auswahl an Filmen wie
auch zu einer individuellen Rezeptionsstrategie. Neben den
entwicklungsbedingten Merkmalen stellen also auch individuelle
motivationale Strukturen ein wichtiges Moment für die
Herausbildung von Genrepräferenzen dar.
2. Problemstellung
Ziel dieser explorativen Studie
war es, zu überprüfen, ob individuelle Strategien des
Umgangs mit medial vermittelten "okkulten" Filmdarstellungen
nachgewiesen werden können. Das Ausmaß der
Orientierung an den nicht-rationalen bzw. okkulten Aspekten eines
Films, also an narrativen Strukturen, in denen sich Brüche
in der Alltagsrationalität auftun, bildete dabei ein
wichtiges Element. Die allgemeine Annahme, dass es nachweisbare
Unterschiede in der Rezeption okkulter Inhalte gibt, führt
zur Suche nach den Einflußfaktoren, die
entwicklungsabhängiger, persönlichkeitspsychologischer
oder situativer Natur sein können. Weiterhin sollte
überprüft werden, welche motivationalen Strukturen die
Gruppe derjeniger Jugendlicher, die die Filmgattung
Horror/Grusel präferieren, charakterisieren. Eine
Annahme bestand darin, dass sich unter den Horrorfans
überzufällig häufig solche Jugendliche finden
lassen, die in besonderem Maß in (psychodynamische)
Prozesse des Umbruchs involviert sind, d.h. die sich in einem
wenig gefestigten Identitätszustand befinden, einem Zustand,
der sich in Horrorfilmen in den charakteristischen
Grenzauflösungen mittels
übersinnlicher/nicht-rationaler/okkulter Inhalte
widerspiegelt. Damit zusammenhängend stand die Annahme, dass
sich Horrorfans bei der Filmrezeption in besonderem Ausmaß
an den nicht-rationalen Filminhalten orientieren. Abbildung 1
bietet eine schematische Orientierung zur Problemstellung der
Untersuchung.
Die thematische Voreingenommenheit
wird durch entwicklungsbedingte Faktoren (Identitätsstatus,
entwicklungsbedingte aktuelle Lebensthemen) und personenbedingte
Faktoren (überdauernde Persönlichkeitsmerkmale, auf
spezifischen persönlichen Erfahrungen beruhende aktuelle
Lebensthemen) geprägt. Bestimmende Elemente, die für
die vorliegende Fragestellung besonders interessant sind, sind
einerseits das Interesse an okkulten bzw. nicht-rationalen
Inhalten, andererseits das Interesse an anderen für das
Filmgenre Horror charakteristischen Themen wie z. B.
Aggressivität/Gewalt und Sexualität. Die thematische
Voreingenommenheit führt nicht in allen Fällen zu einer
Präferenz dieses Filmgenres: nicht alle Jugendlichen, die
eine entwicklungsbedingte Resonanz für genretypische Themen
(wie z. B. Interesse an Okkultem) haben, werden zu
Horrorfans.
3. Hypothesen
Auf der Basis dieser
Überlegungen und der Ergebnisse bisheriger Forschung wurden
fünf Hypothesen gebildet.
Unabhängig von der
Genrepräferenz kann man von einem besonderen Verhältnis
der Jugendlichen zum Nicht-Rationalen sprechen, wie es die
Untersuchungen zum Jugendokkultismus zeigen. Im Hinblick auf
diesen entwicklungsabhängigen Aspekt läßt sich
folgende Hypothese ableiten:
Es besteht ein signifikanter
Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Orientierung an
nicht-rationalen Filminhalten und dem Stand der
Identitätsentwicklung.
Die bisherigen Ergebnisse der
Medienrezeptionsforschung lassen vermuten, dass im Sinne der
thematischen Voreingenommenheit ein ausgeprägtes Interesse
an Okkultem, wie es sich in Okkultpraktiken und -beliefs
manifestiert, die individuelle Rezeptionsstrategie entsprechend
modifiziert:
Es besteht ein signifikanter
Zusammenhang zwischen Okkultpraktiken und Okkultbeliefs und dem
Ausmaß der Orientierung an nicht-rationalen
Filminhalten.
Weiterhin läßt sich
eine Entwicklungsabhängigkeit bei der Präferenz von
Horrorfilmen vermuten:
Es besteht ein signifikanter
Zusammenhang zwischen der Präferenz des Genres "Horror"
und dem Stand der Identitätsentwicklung.
Eine Differenzierung richtet sich
auf die Annahme, dass Horrorfilme mit ihren charakteristischen
Merkmalen, den Wandlungen und Grenzauflösungen, besonders
attraktiv für Jugendliche sind, die sich hinsichtlich ihres
Identitätszustands in einer Phase des Umbruchs bzw. der
(Neu-) Orientierung befinden. Die daraus abgeleitete Hypothese
lautet:
Es besteht ein signifikanter
Zusammenhang zwischen der Präferenz des Genres "Horror"
und dem Identitätszustand des Moratoriums (s.u.).
Da Filme des Genres "Horror"
inhaltlich insbesondere durch den Einbruch des Nicht-Rationalen
in die Alltagswelt charakterisiert sind, wird vermutet, dass
Horrorfans besonders von diesen Aspekten fasziniert sind. Die aus
diesen Überlegungen abgeleitete Hypothese lautet:
Horrorfans orientieren sich
in besonderem Maße an nicht-rationalen Inhalten von
Horrorfilmen.
Diese auf eine quantitative
Auswertung hin orientierten Hypothesen zielen auf
Gruppenvergleiche (z. B. Jugendliche Horrorfans vs. andere
jugendliche Mediennutzer) und erfassen nur einzelne Elemente, aus
denen individuelle Rezeptionsstrategien geprägt sein
könnten. Im Hinblick auf die Arbeiten von Thomae 1988, Noam
1993 & 1988 und vor allem Holland 1975 wurden individuelle
Rezeptionsmuster bei den Rezipienten vermutet, die sich sinnvoll
den Strategien im Rahmen von Lebensbewältigungsprozessen,
den "Themata" bzw. dem "Identity Theme" zuordnen lassen (siehe
dazu Mayer 2000). Zum Nachweis individueller motivationaler
Strukturen und daraus resultierender persönlicher
Perspektiven auf den Film ist ein qualitativer Zugang zur
Datenanalyse notwendig. In einem zweiten Teil der Untersuchung
wurden die mit dem reichhaltigen Instrumentarium gewonnenen
Informationen zur thematischen Voreingenommenheit und zur
Filmverarbeitung bei sieben ausgewählten Einzelfällen
umfänglich ausgeschöpft und detailliert
ausgewertet.
4. Methode
4.1. Vorgehen
Um der spezifischen Fragestellung
gerecht zu werden, nämlich individuelle
Rezeptionsstrategien zu erfassen und die Daten sowohl quantitativ
als auch qualitativ auszuwerten, wurde ein aufwendiges
Untersuchungsdesign entwickelt. Den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern wurde per Post ein Fragebogen zugesandt, den sie dann
jeweils ausgefüllt zum Untersuchungstermin mitzubringen
hatten. Die Einzelsitzungen bestand aus drei Teilen: Zu Beginn
wurden vier Tafeln eines projektiven Tests vorgelegt (TAT, s.u.)
Danach folgte die Darbietung eines Teiles von einem Horrorfilm
und entsprechenden Fragen zum Film. Abgeschlossen wurde mit einem
Interviewteil, mit dem der "Identitätsstatus" des Probanden
bezüglich verschiedener Lebens- bzw. Erfahrungsbereiche
festgestellt wurde (s.u.).
Die Stichprobe umfasste fünfzig
Jugendlichen und jungen Erwachsenen (Altersdurchschnitt: 17,2 J.;
Range: 15 – 22 J.). 2) Bei
dem gezeigten Filmmaterial handelte es sich um einen ca. 60
minütigen Ausschnitts des Films "Nightmare -
Mörderische Träume" (Wes Craven, USA 1984). In diesem
Film spielt die Vermischung der Sphäre des alltäglichen
Geschehens mit der nicht-rationalen Sphäre des (Alp-)Traums
eine zentrale Rolle. Die Darbietung wurde an mehreren Stellen
unterbrochen, um die Probanden mithilfe eines Interviewleitfadens
zum gerade Gesehenen zu befragen. 3)
Dieses an die "Stopp-Technik" von Hawkins et al. (Hawkins,
Pingree, & Fitzpatrick 1991) angelehnte Vorgehen bot die
Möglichkeit, die durch den Film ausgelösten
Eindrücke und Kognitionen zeitlich sehr nahe und
unvermittelt zu erheben (vgl. Charlton, Borcsa, Mayer, Haaf,
& Kleis 1996). Die kognitive und emotionale Distanz, die bei
einem Interview im Anschluss an die Filmdarbietung oder bei einer
nachträglichen Gabe eines Fragebogens zu Rezeption von
Filminhalten und den begleitenden Empfindungen entstünde,
wurde damit vermieden und die Wahrscheinlichkeit, dass aufgrund
der zeitlichen Distanz die eigentlichen Vorgänge bei der
Rezeption durch vorgefaßte und rational gefundene Meinungen
überlagert werden, wurde verringert.
4.2. Operationalisierung der
individuellen Rezeptionsstrategie (Filmverarbeitung)
Die individuelle
Rezeptionsstrategie wurde mittels der Dimensionen "Orientierung
an nicht-rationalen Filminhalten", "Perspektivität",
"Reflexivität" und "Involvement" erfaßt. 4) Außerdem wurden Fragen zu speziellen
Filminhalten und allgemeine Fragen zur Rezeption gestellt.
4.2.1. Orientierung an
nicht-rationalen Filminhalten
Für die vorliegende
Fragestellung war vor allem das Ausmaß der Orientierung an
"okkulten" bzw. nicht-rationalen Filminhalten interessant, d.h.
die Frage, wie sehr das Augenmerk des Betrachters auf denjenigen
Aspekten der narrativen Fiktion ruht, die die Brüche der
Alltagsrationalität betreffen. Solche Inhalte, die
paranormales Geschehen betreffen, stellen ein wichtiges
Charakteristikum von Horrorfilmen dar. Risse im Alltäglichen
tun sich, um es an einem Beispiel zu verdeutlichen, auf, wenn
Alpträume plötzlich Realität werden, wenn ein
Toter als Wiedergänger rachelüstern in das
Alltagsgeschehen eingreift und dabei keine Rücksicht auf die
gängigen Naturgesetze nimmt, wie es bei dem in dieser
Untersuchung dargebotenen Filmmaterial der Fall ist. Die
Filmunterbrechungen waren so plaziert, dass die Probanden in den
Antworten direkt auf okkulte bzw. nicht-rationale Filminhalte
Bezug nehmen konnten, wenn es ihnen ein Bedürfnis war. Ein
Beispiel soll die beiden Antwortrichtungen verdeutlichen: In
einer Filmszene klettert ein Jugendlicher namens Glen nachts am
Rosenspalier des Hauses hoch und steigt durch das Fenster in das
Zimmer seiner Freundin Nancy ein. Am Ende des darauf folgenden
Dialogs, in dem es unter anderem um die Erfahrungen mit
Wahrträumen geht, bittet Nancy Glen, an ihrer Seite zu
wachen und auf sie aufzupassen, damit sie in einer Art von
luzidem Traum das "Monster" Freddie Krüger aufsuchen kann
und bei Gefahr durch ihn geweckt würde. Sie weiht ihn aber
nicht explizit in ihr Vorhaben ein, sondern appelliert nur an
ihn: "Aber schlaf bloß nicht ein!". Glen
bemüht sich, ihr Anliegen zu missverstehen, und antwortet:
"Was denkst denn du von mir?!" Sie darauf hin: "Du
irrst dich, jetzt kommt nicht, was du denkst!" Nach diesem
Satz wurde der Film gestoppt und nach der ersten offenen Frage
("Was geht dir jetzt gerade durch den Kopf?") weiter
gefragt: "Wieso hat Glen Nancy besucht? Was will er von
ihr?" Die Szene selbst hat in ihrer thematischen Valenz
einen direkten Bezug zur Sexualität (Motiv des
"Fensterlns"). Lautete die Antwort nun z. B. "Er will mit ihr
schlafen", so wurde dies als "alltagsrationale Orientierung"
eingestuft. Lautete sie hingegen: "Er will auch nicht
einschlafen und sie beschützen", so zeigt diese Antwort
eine klare Orientierung an den nicht-rationalen Elementen des
Plots.
4.2.2. Perspektivität
Mit "Perspektivität" ist die
Blickrichtung gemeint, mit der das Rezipierte wahrgenommen wird.
Unabhängig vom Grad der kognitiven oder emotionalen Distanz
kann das Augenmerk des Betrachters mehr auf der dargestellten
Welt der narrativen Fiktion oder auf den Bezügen, die diese
zur eigenen Lebenswelt, zu eigenen Erfahrungen und
Befindlichkeiten haben, ruhen. Im ersten Fall würde man von
stärkerem Objektbezug, im zweiten von stärkerem
Selbstbezug sprechen, unter dem der Rezeptionsvorgang
stattfindet. Lautete beispielsweise eine Antwort auf die offene
Frage "Was geht dir gerade durch den Kopf?", die jeweils
als erste Frage nach den Filmstopps gegeben wurde: "Ob sie
wirklich träumt", dann wurde sie als objektbezogen
eingestuft. Lautete sie: "Ich stell mir vor, dass ich sie
wäre – ich wäre da nie rausgegangen", dann
lag eindeutig ein starker Selbstbezug vor.
4.2.3. Reflexivität
Die Dimension "Reflexivität"
beschreibt den Grad der kognitiven Distanz, der hinsichtlich
eines Medieninhalts vorherrscht. Schon während der Rezeption
kann ein Nachdenken über die narrativen Inhalte stattfinden,
z. B. ein Erwägen verschiedener Möglichkeiten des
Fortgangs, des Befindens oder der Motive der Protagonisten. Eine
solche reflexive Haltung gegenüber dem Dargebotenen kann
sowohl objekt- wie auch selbstbezogen sein, d.h. sie kann sich
allein auf ein "Bespiegeln" der narrative Fiktion
beschränken oder aber Bezüge zur eigenen Lebenswelt und
zum eigenen Empfinden herstellen. Eine Antwort auf die offene
Frage "Was geht dir gerade durch den Kopf?", die lautete
"Ich habe die Nancy schon ertrinken gesehen", wurde als
wenig reflektierend eingestuft, hingegen: "Nancy ist
reichlich dumm, sie riskiert ihr Leben" als stark
reflektierend.
4.2.4. Involvement
Das Involvement ist
ebenfalls ein Maß der Distanz, bei dem es um den Grad der
inneren Beteiligung am narrativen Geschehen geht. Sie kann hoch
sein, und der Rezipient fühlt sich von der Geschichte
ergriffen; er läßt sich von den Inhalten affizieren
und zeigt eine große Resonanz für sie. Auf der anderen
Seite kann er, obwohl er die Rezeption nicht unterbricht, nur
oberflächlich berührt sein. Er hält
gemütsmäßige Distanz, findet z. B. den Film nicht
besonders interessant, ohne dass man dadurch schon
Rückschlüsse auf die anderen Aspekte der
Filmverarbeitung schließen könnte. Das Ausmaß
der Ergriffenheit oder inneren Beteiligung am Film sagt nichts
darüber aus, ob ein Rezipient die Inhalte eher selbst- oder
objektbezogen, eher wenig oder stark reflektierend wahrnimmt.
Eine wenig distanzierte Antwort
auf übliche offene Frage lautete beispielsweise: "Ich
hoffe, dass sie es beweisen kann, aber ich glaube es nicht, wie
sollte sie auch!". In dem Ausdruck "Ich hoffe"
schlägt sich die innere Beteiligung deutlich nieder. Von
einer starken gemütsmäßigen Distanz, also
geringem Involvement zeugt eine Antwort wie: "Der Film ist
etwas langweilig geworden".
Weitere Hinweise auf die
individuelle Rezeptionsstrategie wurden aus den Antworten auf
Fragen zu speziellen Filminhalten und auf allgemeine Fragen zur
Rezeption gewonnen, die im Anschluss an die Filmdarbietung
gestellt worden waren. Die Fragen zu speziellen Filminhalten
betrafen die religiöse Thematik im Film, die Themen
Sexualität, Selbstjustiz, Einstellung zu
Autoritätspersonen. Außerdem konnten aus den Antworten
Rückschlüsse über das Gesellschaftsbild und
über die Einstellung zu okkulten Themen gewonnen werden. Die
allgemeinen Fragen zur Rezeption betrafen die Kenntnis und
Bewertung des Gesehenen, etwa ob der Film gefallen habe, welche
Szenen am meisten beeindruckt hätten und welche Rolle im
Film die Probanden präferiert hätten, wenn sie
Schauspieler wären.
4.3. Operationalisierung der
thematischen Voreingenommenheit
Die thematische Voreingenommenheit
hängt von sechs konstituierenden Faktoren ab, wie es in der
folgenden Abbildung dargestellt ist:
4.3.1. Aktuelle Lebensthemen
Aktuell relevante Lebensthemen
haben Einfluß auf die Art und Weise, wie Filminhalte
rezipiert werden. Eine frisch verliebte Person wird z. B. Inhalte
eines romantischen Liebesfilms anders wahrnehmen als jemand, der
sich gerade in Unfrieden von seinem Partner/ seiner Partnerin
getrennt hat. Um einen Überblick darüber zu gewinnen,
welche allgemeinen Themenbereiche momentan von besonderer
Wichtigkeit für die Probanden sind, wurde eine zu diesem
Zweck erstellte Liste von 20 Themen (z. B. "Liebe", "Zukunft",
"Sterben/Tod", "Hobbys") als Teil eines Fragebogens vorgegeben,
denen jeweils eine 4-stufige Rating-Skala zugeordnet war. Darauf
sollten die Probanden angeben, wie stark sie das genannte Thema
bzw. der genannte Bereich z.Zt. beschäftigt. In einem
weiteren Teil ging es um diejenigen Ereignisse, die im bisherigen
Leben des Probanden am schwersten zu ertragen oder zu
bewältigen waren. Es wurde eine Liste von zwölf
kritischen Lebensereignissen (z. B. "Schwere Krankheit",
"Scheidung der Eltern", "Enttäuschte Liebe") gegeben, die
sich an den Ergebnissen der Studien von Hurme 1981 und Filipp
1995 orientierte. Diese Liste sollte den Vpn. als Anhaltspunkt
dienen. Die individuell zutreffenden und auch selbst formulierten
krisenhaften Ereignisse wurden in der Rangfolge ihrer empfundenen
Schwere in sechs Leerzeilen geschrieben.
4.3.2. Überdauernde
Persönlichkeitsmerkmale
Ein weiterer Bestandteil des den
Probanden vor der eigentlichen Sitzung zugesandten Fragebogens
waren vier Skalen der revidierten Fassung des Freiburger
Persönlichkeitsinventars (Fahrenberg, Hampel, & Selg
1984). "Aggressivität", "Soziale Orientierung",
"Extraversion" und "Emotionalität" sind Konstrukte des
FPI-R, die aus inhaltlichen Gründen für die
Fragestellung interessant waren. Sie berühren einerseits
wichtige Elemente im Zusammenhang mit der Adoleszenz als
Übergangsphase (intensiven aufsteigende Triebimpulse
verknüpft mit starken emotionalen Mustern), aber auch die
Charakteristika von Horrorfilmen (Gewalthaltigkeit,
Aggressivität, Ansprechen starker Emotionen, Rezeption von
Horrorfilmen als sozialem Geschehen), zum anderen erwies sich die
Skala "Emotionalität" in der Studie zum Jugendokkultismus
von Mischo (1991) als einflußreicher Prädiktor
für die psychischen Gefährdung Jugendlicher durch
Okkultpraktiken.
Ein weiteres Charakteristikum von
Horrorfilmen besteht im pessimistischen Gesellschaftsbild,
welches in der Regel vermittelt wird. Zur Erfassung des
personalen und sozialen Optimismus wurden die entsprechenden
Skalen des Fragebogen zu personalem und sozialem Optimismus
(POSO) (Schweizer, Schneider & Beck-Seyffer 2001)
eingesetzt.
4.3.3. Entwicklungsstand der
Identität (Identitätsstatus)
Um Informationen über den
aktuellen Entwicklungsstatus der Jugendlichen zu bekommen, wurde
auf das Konzept des Entwicklungspsychologen Marcia zur Ermittlung
des Identitätsstatus zurückgegriffen (Marcia, Waterman,
Matteson et al. 1993). Marcia differenzierte die Phase
Identität vs. Identitätsdiffusion von Eriksons
Modell der psychosozialen Entwicklung (Erikson 1973) und
unterscheidet vier verschiedene Identitätsstatus: der Status
der diffusen Identität, der übernommenen
Identität, des Moratoriums und der erarbeiteten
Identität. Die vier Identitätsstatus können auf
unterschiedliche Lebensbereiche bezogen werden. Sie sind
charakterisiert durch ein unterschiedliches Ausmaß an
Auseinandersetzung, erworbener Klarheit und Festigkeit
hinsichtlich des eigenen Standpunkts. Die Identitätsstatus
wurden mittels einer übersetzten Version des
Identitätsstatusinterview ISI (Marcia & Archer 1993)
für die Bereiche Politik, Religion und Sexualität
erhoben. Ebenfalls erfaßt wurde der Intimitätsstatus
(Orlofsky 1993a, 1993b), der Aussagen über die Qualität
von Freundschafts- bzw. Liebesbeziehungen macht.
4.3.4. Genrebezogenes Vorwissen/
Erwartungen
Erwartungen und Vorwissen hinsichtlich eines Filmgenres
beeinflussen die Rezeption von Filminhalten ebenfalls.
Informationen darüber konnten mit Hilfe entsprechender Items
im vorab gegebenen Fragebogen und im Interview, das im Anschluss
an die Filmdarbietung geführt worden war, gewonnen werden.
Auf der Basis dieser Daten konnte die Gruppe der "Horrorfans" von
der der anderen Mediennutzer differenziert werden (Frage nach den
präferierten Filmgenres bzw. nach der Häufigkeit des
Horrorfilmkonsums).
4.3.5. Beliefs
Weiterhin bilden persönliche
Glaubensvorstellungen ein konstituierendes Element der
thematischen Voreingenommenheit. Dies betrifft in besonderem
Maße Filme mit nicht-rationalen Inhalten. Glaubt ein
Rezipient z. B. an die Existenz von Geistern, so wird das ggf.
Einfluß haben auf die Art und Weise, wie er einen Film mit
damit korrespondierenden Inhalten rezipiert und bewertet. Zur
Erfassung okkulter Beliefs wurden die entsprechenden Items des
Okkultismusfragebogens von Mischo übernommen (Mischo
1991).
4.3.6. Persönliche
Erfahrungen und Wissen
Für persönliche
Erfahrungen und das Wissen im Bereich okkulter Themen gilt das
Gleiche wie für die Beliefs: Auch sie haben Einfluß
auf die thematische Voreingenommenheit. Zur Erhebung dieser Daten
fanden die diesbezüglichen Items des Okkultismusfragebogens
von Mischo (1991) Anwendung.
Vor der Filmdarbietung wurden den Versuchsteilnehmern vier
Bildtafeln eines projektiven Tests, des Thematischen
Apperzeptionstest (TAT) vorgelegt (Murray 1943). Die Tafeln waren
nach ihrer thematischen Valenz hin ausgewählt (3 BM:
"Depressive Gefühlszustände", 8 BM: "Aggression", 11:
"Auseinandersetzung mit existenzbedrohenden Gefahren", 13 MF:
"Partnerschaft, Sexualität"). Die von den Probanden
erzeugten Geschichten sollten ergänzende Informationen
über individuelle Dispositionen der Probanden liefern. Beim
TAT ist wie bei der Filmrezeption der optische Kanal der
Hauptwahrnehmungskanal. Damit können individuelle
Gestimmtheiten erfaßt werden, die im Filter der
Versprachlichung hängenbleiben würden. Dass die
elizierten Geschichten wieder von der Sprache als Medium getragen
werden, tut dieser Tatsache keinen Abbruch.
4.4. Auswertung 5)
Die erhobenen Daten lagen in Fragebogenform sowie als auf
Tonbandkassette aufgenommene Interviewdaten vor. Die verwendeten
Fragebogenskalen wurden nach den gängigen Methoden
ausgewertet. Die Audiodaten zur Filmrezeption wurden in knapper
Form (Memos) mit den für die quantitative Auswertung
relevanten Inhalten verschriftlicht und die Antworten zu den
Filmfragen nach den vier Filmverarbeitungsdimensionen bzw. nach
thematischen Schwerpunkten (z. B. sexuelle Thematik,
religiöse Thematik, okkulte Einstellungen) eingestuft. Die
Geschichten zu den TAT-Tafeln wurden u.a. danach beurteilt, ob
sie jeweils deren thematische Valenz aufgreifen, wie der Ausgang
der Geschichten gestaltet ist und ob sie von einer optimistischen
oder pessimistischen Einstellung zur Welt geprägt sind. Die
Interviewteile zur Bestimmung des Identitätsstatus wurden
von zwei Ratern unabhängig nach den oben genannten
differenzierenden Kriterien eingestuft.
5. Ergebnisse
Im Folgenden können nur die
wichtigsten Ergebnisse der umfangreichen quantitativen Auswertung
dargestellt werden.
Bei den Konstrukten
"Perspektivität", "Reflexivität", "Involvement" und
"Orientierung an nicht-rationalen Inhalten" (ONRI) handelt es
sich um logisch gewonnene Dimensionen, die logisch
unabhängig voneinander sind. Die Konstrukte erwiesen sich
bezogen auf die Stichprobe auch empirisch als weitgehend
unabhängig, so dass man also zurecht von
Dimensionen sprechen kann. Es ließen sich mit
einer Ausnahme keine signifikanten Interkorrelationen nachweisen.
Ein schwach signifikante Korrelation besteht zwischen dem
"Involvement" und der ONRI-Skala: diejenigen Teilnehmer und
Teilnehmerinnen, deren Antworten sich eher auf nicht-rationale
Filminhalte bezogen, zeigten höhere Werte auf der Skala
"Involvement", d.h., sie ließen sich offenbar stärker
von dem Gesehenen berühren. 6)
5.1. "Orientierung an
nicht-rationalen Inhalten"
Die Filmverarbeitungsdimension
"Orientierung an nicht-rationalen Inhalten" weist nach den
Ergebnissen dieser Studie auf ein relativ überdauerndes,
d.h. nicht vom Alter und Identitätsstatus
abhängiges Merkmal hin. Man kann von einem spezifischen
Verarbeitungsstil sprechen, der mit Persönlichkeitsmerkmalen
wie emotionaler Labilität und einer pessimistischen
Grundeinstellung hinsichtlich der persönlichen Entwicklung
zusammenhängt. Neben diesen zwei
Persönlichkeitsmerkmalen korrelierten die Ausprägung
okkulter Belief-Systeme 7) und die
Häufigkeit "okkulten" Praktizierens 8) positiv mit dieser Filmverarbeitungsdimension.
Ebenfalls wurde von Jugendlichen, deren Antworten stark an den
nicht-rationalen Aspekten des Filmplots orientiert waren, der
Themenbereich "Sterben/Tod" überdurchschnittlich häufig
als ein aktuell wichtiges Lebensthema genannt. 9) Man kann bei diesen Jugendlichen also von
einer Art "Faszination an den dunklen Seiten der Welt bzw. des
Lebens" sprechen. Sie experimentieren im Alltag häufiger mit
den Grenzbereichen des naturgesetzlich Gegebenen, glauben eher an
"Okkultes" und richten auch bei der Rezeption von Filmen ihr
Augenmerk stärker auf paranormale Inhalte, auf die "Risse im
Alltäglichen". Ein schwacher Zusammenhang ergab sich auch
zur Variable "Geschlecht": die Teilnehmerinnen neigten
stärker dazu, sich an nicht-rationalen Mustern bzw. Inhalten
zu orientieren, während männliche Vpn. in ihren
Antworten häufiger nüchtern und alltagsrational
argumentierten. 10) Die folgende
Tabelle zeigt die Korrelationen der ONRI-Skala mit den
eingesetzten Persönlichkeitsskalen und mit den drei anderen
Filmverarbeitungsdimensionen im Überblick:
Orientierung an nicht-rationalen
Inhalten Korrelationen zu
Persönlichkeitsskalen, Filmverarbeitungsdimensionen,
Alter und Geschlecht
|
Extraversion |
.076
|
Emotionalität
|
.301*
|
Soziale Orientierung
|
.276
|
Aggressivität
|
-.028
|
Sozialer Optimismus
|
-.140
|
Persönlicher Optimismus
|
-.359**
|
Perspektivität
|
.125
|
Reflexivität
|
.186
|
Involvement
|
.247
|
Alter (Spearman Rang K.)
|
-.070
|
Geschlecht (Einfaktorielle ANOVA:
F[1,48]) |
2,933
|
* signifikant auf dem 5%-Nveau (zweiseitig)
** signifikant auf dem 1%-Niveau (zweiseitig)
5.2.
Horrorfans
Ein auffälliges Resultat besteht
darin, dass keine signifikanten Zusammenhänge
zwischen einer hohen Ausprägung in der
Filmverarbeitungsdimension "Orientierung an nicht-rationalen
Filminhalten" und der Bevorzugung von Horrorfilmen als Filmgenre
nachgewiesen werden konnten, ebensowenig wie Horrorfans 11) generell eine Affinität zu den dunklen
Seiten des Lebens zu haben scheinen. Wir finden also weder
bedeutsame Korrelationen zur Okkult-Skala, noch zu "okkulten
Verhaltensweisen" und den damit korrelierten Skalen
"Emotionalität" und "Personaler Optimismus". Auch
hinsichtlich der Angaben zu den aktuellen Lebensthemen zeigten
sich keine diesbezüglichen Auffälligkeiten (Thema
"Sterben/Tod"). Dies mutet paradox an: Auf der einen Seite
beinhalten Horrorfilme in besonderem Maße
entwicklungsrelevante Themen während der Adoleszenz und sind
definitionsgemäß durch die Darstellung
nicht-rationaler Inhalte charakterisiert, während
andererseits die Orientierung an diesen Inhalten bei der
Filmverarbeitung nichts oder wenig mit der Bevorzugung des Genres
und mit der Häufigkeit der Rezeption solcher Filme zu tun
hat. Horrorfans stellen also in ihrer Bezugnahme auf "okkulte"
Filminhalte eine heterogene Gruppe dar.
Was charakterisiert nun die Gruppe
dieser Fans innerhalb der Stichprobe? Die Vorliebe für das
Genre Horror stellte sich als entwicklungsabhängig dar. Im
Bereich "Politik" hatten diejenigen Probanden, die oft oder
zumindest manchmal Horrorfilme sehen, und im Bereich
"Sexualität" diejenigen, die oft Horrorfilme sehen, einen
durchschnittlich höheren Identitätsstatus erreicht.
12) Das bedeutet, dass die
Auseinandersetzung mit diesen Lebensbereichen hier weiter
gediehen war und häufiger zu einer relativ klaren und
beständigen Position, einer sogenannten "erarbeiteten
Identität" geführt hatte. Das Entwicklungsstadium des
"Moratoriums" war entgegen unserer Erwartungen jedoch nicht
überzufällig häufig in der Gruppe der
Horrorfilmrezipienten nachzuweisen. Horrorfans ließen sich
nicht durch eine besondere Weltsicht im Sinne okkulter
Beliefsysteme ausweisen. Hingegen spielten andere Themenbereiche,
nämlich Aggressivität und Sexualität, eine
offenkundig wichtigere Rolle: Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die
häufiger solche Filme anschauen, erreichen in der
Fragebogenskala ein höheres Maß an Aggressivität.
13) Für das Thema Sexualität
sind die Ergebnisse nicht ganz so eindeutig, d.h. die
Zusammenhänge erreichen meistens nur das
10%-Signifkanzniveau, doch spricht die Gesamtheit der Befunde
(Identitätsstatus, entsprechende Filmfragen,
TAT-Geschichten) für dessen Bedeutung. 14)
Häufigkeit der Rezeption des Filmgenres
"Horror"
Zusammenhänge zu Persönlichkeitsskalen und
Filmverarbeitungsdimensionen (Einfaktorielle
ANOVA)
|
|
F (1,48)
|
Extraversion
|
.159
|
Emotionalität
|
.548
|
Soziale Orientierung
|
1.900
|
Aggressivität
|
4.567*
|
Sozialer Optimismus
|
1.489
|
Persönlicher Optimismus
|
1.911
|
Perspektivität
|
.002
|
Reflexivität
|
.361
|
Involvement
|
.237
|
Orientierung an nicht-rationalen
Inhalten
|
.420
|
Alter
|
2.063
|
* signifikant auf dem
5%-Niveau
Einige Ergebnisse der Auswertung
der TAT-Geschichten, auf die hier aus Platzgründen nicht
detailliert eingegangen werden kann, geben einen Hinweis darauf,
dass bei den expliziten "Horrorspezialisten" möglicherweise
eine striktere Trennung zwischen narrativer Fiktion und
alltäglichem Geschehen stattfindet, weswegen sie sich
leichter lustvoll auf Horrorfilme und damit den spielerischen
Umgang mit Ängsten und dem Schrecken einlassen können.
Hier bedarf es jedoch weiterer spezifischer Untersuchungen.
Zwei der fünf getesteten
Hypothesen wurden durch die Ergebnisse gestützt, drei fanden
keine Bestätigung. So hat sich die
Filmverarbeitungsdimension ‚Orientierung an
nicht-rationalen Inhalten‘ nicht, wie vermutet,
als vom Alter und Identitätsstatus abhängig erwiesen,
sondern es scheint sich um ein relativ überdauerndes Merkmal
zu handeln. Man kann von einem spezifischen Verarbeitungsstil
sprechen, der mit Persönlichkeitsmerkmalen wie emotionaler
Labilität und einer pessimistischen personalen
Grundeinstellung zusammenhängt. Die Hypothese, nach der ein
signifikanter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der
Orientierung an nicht-rationalen Filminhalten und Okkultpraktiken
bzw. okkulten Beliefs besteht, konnte hingegen bestätigt
werden. In einer knappen Darstellung lassen sich folgende
Charakteristika zur Filmverarbeitungsdimension
‚Orientierung an nicht-rationalen Filminhalten‘
auflisten: Jugendliche, die
- stärker an paranormale Dinge glauben (ASW, magische
Kräfte, Astrologie, u.ä.)
- häufiger an okkulten Praktiken teilgenommen haben
- sich ziemlich oder stark mit dem
Themenbereich ‚Tod/Sterben‘ beschäftigen
- die emotional labil sind
- die hinsichtlich der persönlichen Zukunft eher
pessimistisch eingestellt sind,
orientieren sich stark an
nicht-rationalen Filminhalten.
Die Annahme, dass eine Präferenz
des Genres ‚Horror‘ mit einer besonders
ausgeprägten Orientierung an nicht-rationalen Filminhalten
einher ginge, ließ sich nicht bestätigen. Der Einbruch
des Nicht-Rationalen als ein konstituierendes Element für
dieses Genre scheint also kein durchgängiges Motiv
für die häufige Zuwendung zu solchen Filmen
darzustellen. 15) Zumindest
schlägt es sich nicht in der Art der individuellen
Filmverarbeitung nieder. Horrorfans weisen nach den Ergebnissen
dieser Studie tendenziell folgende Merkmale auf:
- höhere Aggressivität
- höhere Resonanz für das Thema
Sexualität
- höherer Identitätsstatus in den Bereichen Politik
und Sexualität
- keine besondere Affinität zu okkulten Beliefs
und okkulten Verhaltensweisen
Die Hypothese, dass ein
signifikanter Zusammenhang zwischen der Präferenz des Genres
"Horror" und dem Stand der Identitätsentwicklung besteht,
wurde durch die Untersuchungsergebnisse für einige Bereiche
bestätigt. In den Bereichen ‚Politik‘ und
‚Sexualität‘ hatten die "Horrorfans" einen
durchschnittlich höheren Identitätsstatus erreicht.
Damit wurde jedoch die Hypothese widerlegt, dass Horrorfilme
besonders attraktiv für Jugendliche seien, die sich
hinsichtlich ihres Identitätszustands in einer Phase des
Umbruchs oder der Neuorientierung, also eines Moratoriums
befänden.
6. Einzelfalldarstellungen
Mittels der qualitativen
Auswertung von sieben Einzelfällen konnte das in der
quantitativen Auswertung in groben Konturen entstandene Bild
ausdifferenziert und ein tieferes Verständnis für die
individuellen Rezeptionsstrategien gewonnen werden. Jeder dieser
Jugendlichen hatte ein ganz speziellen Zugang zum Film, der zu
seinen aktuellen Themen bzw. seiner Lebensthematik "passt". Als
exemplarische Beispiele sollen einige Aspekte zweier Fälle,
"Jens" und "Marlis" genannt, skizziert und vergleichend
gegeneinander gestellt werden.
Jens wurde für die
Einzelfalldarstellungen ausgewählt, weil er den
höchsten Konsum an Horrorfilmen in der Stichprobe vorweist.
Man kann ihn als einen echten Horrorfilmspezialisten bezeichnen,
der beispielsweise die Mühe auf sich nimmt, über
Spezialversandadressen an ungeschnittene, nicht synchronisierte
Originalversionen von für ihn wichtigen Werken zu kommen.
Marlis schaut normalerweise keine Horrorfilme. Sie zeichnete sich
bei der Filmrezeption jedoch durch eine sehr starke "Orientierung
an nicht-rationalen Inhalten" aus. Jens und Marlis gehören
beide zur Gruppe der ältesten Probanden in der Stichprobe.
Beide weisen einen insgesamt hohen Identitätsstatus auf, und
ihnen beiden hat der dargebotene Filmausschnitt gefallen.
Jens ist aus seiner Heimatstadt in
den neuen Bundesländern weggezogen aufgrund von
Schwierigkeiten, die aus seiner Vergangenheit als aktiver
rechtsradikaler Jugendlicher resultierten. Er glaubt nicht an
paranormale oder okkulte Ereignisse, hat nie an "Okkultpraktiken"
teilgenommen und bezeichnet sich als religionslos. In den Fragen
zur Filmverarbeitung geht er kaum auf die nicht-rationalen
Filminhalte ein. Sie scheinen ihn nicht sonderlich zu
beschäftigen. Hingegen treffen Gewaltdarstellungen und das
Element des Kampfes auf ein besonderes Interesse bei ihm. Auf die
Frage, welche Filmrolle er als Schauspieler am liebsten gespielt
hätte, nannte er die der jugendlichen Nancy als Gegnerin des
Monsters Freddy Krüger, wobei er sich zum Grund für
diese Wahl so äußerte: "...
s‘Kräftemessen einfach, wer’s halt besser
rauskriegt. Nicht weil sie ihn überlebt, sondern einfach nur
um zu sehen, wer halt besser ist".
Auch Marlis hätte die Rolle
der Nancy präferiert, doch bei ihr waren die Gründe
anders. In Nancy sieht Marlis gewissermaßen eine
Leidensgefährtin, die durch Phasen der Verzweiflung, Trauer,
der Angst und des Missverstandenwerdens hindurch muss und
schließlich doch mit der Situation klarkommt. Auch Marlis
befindet sich in einer Lebensphase, die sie als sehr schwierig
empfindet. Sie ist arbeitslos, lebt noch bei ihren Eltern und
leidet auch an ihrer körperlichen Entwicklung. Marlis ist
mit esoterischen Belief-Systemen gut vertraut. Sie hat selbst
schon Erfahrungen gemacht, die sie als paranormal interpretiert.
Auch in verschiedenen Okkultpraktiken ist sie bewandert, wobei es
sich wohl vor allem um mantische Techniken und magische Rituale
handelt. "Weiße Magie" betreibt sie mehrmals im Monat.
Der vergleichende Blick zeigt
folgendes: Bei Jens, dem Horrorspezialisten, spielt das Interesse
an nicht-rationalen Inhalten eine untergeordnete Rolle, obwohl
der "Einbruch des Nicht-Rationalen" in die Alltagswelt ein
charakterisierendes Kriterium für das Genre "Horror"
darstellt. Bei Marlis hingegen ist das Ausmaß der
Orientierung an solchen nicht-rationalen Filminhalten, konsistent
mit ihrem Belief-System, bei der Filmverarbeitung groß, und
dennoch ist sie kein Fan jenes Genres. Man kann also sagen: Weder
der explizite Horrorfan noch die "Esoterikerin" suchen
vordergründig nach nicht-rationalen Inhalten in Spielfilmen.
Im einen Fall steht offenbar die Anziehungskraft anderer Elemente
(Gewaltdarstellungen, emotionaler Kick) im Vordergrund,
während für die okkultpraktizierende "Esoterikerin"
Spielfilme nicht das geeignete Medium für die
Auseinandersetzung mit dem Nicht-Rationalen darstellen. Der
vorgestellte Film war hierfür zu unrealistisch, und die
Lektüre von Büchern, das Gespräch mit Freundinnen
und die Rezeption von filmischen (Pseudo-) Dokumentationen
scheinen im Hinblick auf eigenes magisches Handeln und
Partizipieren (als Coping-Mechanismus) interessanter und
fruchtbarer als narrative Fiktionen. Dass Marlis der Film dennoch
gefallen konnte, lag an den hohen
Identifikationsmöglichkeiten, die ihr die Figur der Nancy
bot.
7. Grundformen des Umgangs mit okkulten
Darstellungen in Filmen
Die individuelle Rezeptionsstrategie
scheint also stark von Belief-Systemen und insgesamt von der
thematischen Voreingenommenheit geprägt zu sein, wie die
Ergebnisse dieser Untersuchung nahelegen. Dabei hat der Grad des
empfundenen Realismus der fiktionalen Geschichte für manche
Rezipienten einen starken Einfluß auf die Art der
Filmverarbeitung, während er für andere eine geringe
Rolle spielt. Wie solche Faktoren zu Unterschieden in der
Filmrezeption und -bewertung führen können, soll in
folgenden modellhaft angelegten vier Grundformen des Umgangs mit
okkulten Darstellungen in Filmen gezeigt werden, die sich
induktiv aus den Daten vor allem der sieben
Einzelfallanalysen ergaben. 16)
a) Die kognitiven Dissonanzen
zwischen dem eigenen und dem in der Filmlogik vertretenen
Belief-System werden als zu unangenehm, die Differenzen als zu
groß empfunden, als dass ein Vergnügen an der
Rezeption aufkommen könnte. Der Rezipient vermisst die
Übertragbarkeit auf die eigene Lebenssituation;
Bedürfnisse, die an den Film herangetragen werden, werden
nicht erfüllt. Distanzierung und eine negative Bewertung
sind die Folge. Man hält das Ganze für
Blödsinn.
b) Die kognitiven Dissonanzen in
der Weltdeutung sind zwar groß, doch dieser Aspekt hat kein
erhebliches Gewicht. Andere Elemente des Films finden
größeres Interesse. Der Film wird nach seinen rational
nachvollziehbaren Anteilen interpretiert, und die
nicht-rationalen Muster werden mehr oder weniger nicht beachtet.
Der konstruktive Aspekt der Rezeption von Fiktionen kann hier
besonders in den Vordergrund treten, die Vorlage wird nach den
eigenen Bedürfnissen "zurechtgeschnitten".
c) Der Rezipient trennt deutlich
die Bereiche Fiktion und Realität. Dies vereinfacht den
Umgang mit Geschichten bzw. Filmen aus dem Bereich der
Phantastik. Trotz Widersprüchen der filmimmanenten Logik zum
eigenen Belief-System ist deren Nachvollzug leicht möglich.
Der Rezipient erträgt oder genießt die kognitive
Dissonanz. Das spielerische Sich-Einlassen auf die Fiktion wird
als lustvoll und phantasieanregend empfunden.
Zwei Varianten sind möglich:
In der ersten steht die Auseinandersetzung mit dem Phantastischen
im Vordergrund, wobei die Motive vom reinem
Unterhaltungsbedürfnis über das stellvertretende
Erproben alternativer Denk- und Erlebensweisen bis zu
eskapistischen Tendenzen reichen können. In der zweiten
Variante werden die dargestellten Inhalte allegorisch, im Sinne
eines Märchens, verstanden und im Hinblick auf ihre
symbolische Bedeutung und Struktur rezipiert. Bei diesen zwei
Formen kann die Geschichte als Projektionsfläche für
eigene Selbstentwürfe und -phantasien dienen. In dieser
Hinsicht sind die Voraussetzungen für ein Gefallen an der
Fiktion gegeben. Ob tatsächlich eine positive Bewertung
stattfindet, hängt von weiteren Faktoren ab.
d) Das eigene Belief-System
umfaßt ebenfalls nicht-rationale Elemente, und es handelt
sich eher um graduelle Unterschiede, die zur filmimmanenten Logik
bestehen. So entsteht zwar eine kognitive Dissonanz, doch ist sie
nicht sehr groß. Der Extremfall bestünde darin, dass
das eigene Belief-System mit dem im Film vertretenen
übereinstimmt. Die Bandbreite unterschiedlicher Formen der
Passung ist allerdings groß. Mit zunehmender
Annäherung werden die Freiheitsgrade des Umgangs mit der
Vorlage geringer, da es schwerer fällt, sich auf den
fiktionalen Charakter der Geschichte einzulassen. Einzelne
Details gewinnen quasi als Beweisstücke für das
Belief-System an Bedeutung. Die Art, wie die Protagonisten des
Films mit den Problemen umgehen, die bei diesem Genre
vorzugsweise in nicht-rationalen Ursachen gründen, kann
modellhaft wahrgenommen und bei genügender
Übereinstimmung als positiv empfunden werden, oder im
anderen Fall Beunruhigung und Irritationen hervorrufen, die den
Genuß am Film einschränken.
Mit dieser Typologie der
Rezeptionsformen nicht-rationaler Filminhalte wird nichts
über die Herausbildung von Genrepräferenzen ausgesagt.
Genrepräferenzen resultieren aus komplexen motivationalen
Strukturen, und die Ausprägung des okkulten Belief-Systems
stellt nur ein – und nicht unbedingt ein dominantes –
Kriterium dar.
Wurde in der Typologie vor allem
auf die direkt geäußerten und manifesten Muster
rekurriert, so soll abschließend auf unbewußte Motive
und latente Bedürfnisstrukturen hingewiesen werden, die eine
wichtige Rolle spielen können. Mit solchen
Erklärungsmodellen werden Ambivalenzen und Inkonsistenzen in
den Äußerungen mancher Probanden
verständlicher.
Ein Versuchsteilnehmer lehnte
beispielsweise den Film ab, obwohl sein Involvement hoch und sein
Urteil über den Film merkwürdig gebrochen war. Man
gewann den Eindruck, als sei er stark damit beschäftigt,
rationale Begründungen für seine emotionalen
Empfindungen (Faszination?) zu finden, die mit seinem Selbstbild
und seinem ideologischen Anspruch vereinbar sind. Bei einem
anderen Jugendlichen, der aus eskapistischen Motiven oft in die
Phantasiewelten von sog. Rollenspielen "reist" und die
Auseinandersetzung mit vielen alterstypischen Problemen und
Verhaltensweisen meidet, spiegelten die Äußerungen zur
Filmrollenpräferenz (der Bösewicht Freddy) und zu den
beeindruckendsten Filmszenen (Ekelszene mit Würmern)
vermutlich latente Bedürfnisse wider, die kaum zu den
anderen Äußerungen und zu den Fragebogendaten passen.
Hinter seinem Harmoniebedürfnis und der Angst vor dem
"Herantreten" (= aggredi) an die Welt, vor dem In-Angriff-Nehmen
der anstehenden Entwicklungsaufgaben – hinter seiner
Aggressionsvermeidung also besteht offenbar der von ihm im
Hinblick auf die Filmrolle geäußerte Wunsch, auch mal
"der Böse (zu) sein und (sich) ziemlich alles erlauben" zu
können. Solche latenten Motive entziehen sich aber
weitgehend der angewendeten Forschungsmethode.
8. Diskussion
Die Ergebnisse der Untersuchung weisen
erneut auf die Bedeutung der thematischen Voreingenommenheit
für die Rezeption von Medieninhalten hin. Individuelle
Bedürfnisse, Vorerfahrungen und Erwartungen beeinflussen die
Wahrnehmung des Rezipierten. Man kann durchaus sagen, dass jeder
"seinen eigenen Film" sieht. Die Ergebnisse der quantitativen
Auswertung zeigen, dass eine Neigung zu okkulten Beliefsystemen
und Handlungsweisen sich zwar in einer verstärkten
Orientierung an nicht-rationalen Filminhalten niederschlägt,
aber nicht zwangsläufig mit einer Vorliebe für
Horrorfilme einhergeht. Umgekehrt lassen sich bei ausgesprochenen
Horrorfans solche Neigungen und eine besonders starke
Orientierung an nicht-rationalen Filminhalten nicht prinzipiell
nachweisen. 17) Die Nähe zu
gesellschaftlich tabuierten Themen wie Aggressivität und
(bedingt) Sexualität scheint ein entscheidendes Moment zu
sein, welches Horrorfilme für manche Jugendliche in einer
bestimmten Entwicklungsphase zu einem prädestinierten
Filmgenre macht.
Die Einzelfallstudien bieten ein
vielschichtiges Bild des Umgangs mit solcherart Medieninhalten.
Manchen Jugendlichen geben Horrorfilme die Möglichkeit zur
Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten und starken Emotionen
im geschützten Rahmen. Einigen missfällt dieses Genre
aus Mangel an Realitätsbezug, während andere ein Mangel
an Phantastik feststellen, wie sie sie in Science Fiction- oder
Fantasy-Angeboten finden. Der spielerische Umgang mit
phantastischen Inhalten kann eskapistischen Motiven entspringen
und damit Ausdruck einer Verweigerung der Auseinandersetzung mit
den anstehenden Entwicklungsaufgaben sein. Andere Jugendliche
wiederum verstehen solche narrativen Fiktionen allegorisch und
scheiden sehr stark die Sphären von Realität und
Fiktion. Hier kann ein spielerischer Umgang mit solchen Inhalten
durchaus entwicklungsförderlich sein. Dies alles zeigt, dass
man sich eines generalisierenden Urteils bezüglich des
Nutzens oder der Gefahr, die im Konsum von Horrorfilmen für
Jugendliche liegen kann, enthalten muß. Dem aus
pädagogischer Sicht verständlichen Wunsch nach einer
einfachen und klaren Bewertung kann leider nicht entsprochen
werden. Man kommt nicht umhin, den Einzelfall in seinem gesamten
Bedingungsgefüge zu betrachten, will man ihm und der Sache
gerecht werden.
Aus forschungsmethodischer Perspektive
erwies sich die Kombination von quantitativen und qualitativen
Erhebungsmethoden als sehr fruchtbar. Durch die Verwendung von
normierten Fragebögen konnte die Stichprobe in ihren Werten
mit den Eichstichproben verglichen werden. 18) Der Umfang von N = 50 Vpn. wiederum bot
eine hinreichend große Datenbasis für
hypothesentestende Korrelationsberechnungen. Allerdings
stößt man bei der Komplexität des Zusammenhangs
von thematischer Voreingenommenheit und individueller
Rezeptionsstrategie schnell an die Grenzen der Möglichkeiten
statistischer Auswertung (multiples Testproblem). Der Schwerpunkt
der Untersuchung lag jedoch im explorativen,
hypothesengenerierenden Teil. Ziel war es, möglichst
unvoreingenommen, offen und unmittelbar die individuellen
Rezeptionsprozesse zu erfassen. Dafür erwies sich die
"Stopp-Technik" von Hawkins et al. (1991) als sehr geeignet. Die
im Anschluss an die "Stopps" gestellten offenen Fragen ("Was geht
dir jetzt gerade durch den Kopf?") induzierten ein großes
Spektrum an unterschiedlichsten Antworten, die die individuellen
Unterschiede in der Rezeption sehr deutlich machten. Die mit dem
Forschungsdesign verbundenen Begrenzungen in den
Möglichkeiten der statistischen Auswertung wurden in Kauf
genommen, da man aus den Ergebnissen bei einem Pool von 50 Vpn.
einen guten Überblick über Variabilität der
Antworten bekommt, die vor der Untersuchung nicht bekannt war und
abgeschätzt werden konnte. Auf der Basis dieser Daten
konnten geeignete Einzelfälle für eine differenziertere
Analyse ausgewählt werden. Eine solche qualitative
Auswertung scheint für die Erfassung individueller
Rezeptionsstrategien aufgrund der Komplexität des Geschehens
unumgänglich.
Die Typologie der Grundformen des
Umgangs mit "okkulten Darstellungen" in Filmen wurde
induktiv aus dem angefallenen Datenmaterial hergeleitet.
Sie müsste anhand weiteren Materials überprüft
werden. Durch die Auswahl von Filmmaterial, das durch "Risse im
Alltäglichen", also durch nicht-rationale Elemente in der
Filmhandlung gekennzeichnet ist, die in einer ansonsten nach den
üblichen Naturgesetzen funktionierenden Welt stattfindet,
wird das Spannungsfeld Fiktion – Realität
(Alltagsrationalität) in besonderem Maße fokussiert.
Das legt einen Vergleich mit den Ergebnissen der Perceived
Reality-Forschung nahe (ein Überblick bietet Rothmund,
Schreier, & Groeben 2001a; vgl. auch Rothmund, Schreier,
& Groeben 2001b). Dieser Vergleich wurde im Rahmen der
Untersuchung nicht durchgeführt, doch erscheint ein Bezug
auf diese Ansätze vielversprechend gerade im Zusammenhang
mit einem solchem Stimulusmaterial. Hier bedarf es noch weiterer
Forschungsbemühungen.
Bachmair, B. (1990).
Interpretations- und Ausdrucksfunktion von Fernseherlebnissen und
Fernsehsymbolik. In M. Charlton & B. Bachmair (Eds.),
Medienkommunikation im Alltag (pp. 103-145).
München: K.G.Saur.
Baumann, H. D. (1989). Horror.
Die Lust am Grauen. Weinheim: Beltz.
Bortz, J. (1993). Statistik
für Sozialwissenschaftler. (4. ed.). Berlin;
Heidelberg; New York: Springer.
Charlton, M. (1997).
Rezeptionsforschung als Aufgabe einer interdisziplinären
Medienwissenschaft. In M. Charlton & S. Schneider (Eds.),
Rezeptionsforschung (pp. 16-39). Opladen: Westdeutscher
Verlag.
Charlton, M., Borcsa, M., Mayer,
G., Haaf, B. & Kleis, G. (1996). Zugänge zur
Mediengewalt . Villingen-Schwenningen: Neckar.
Charlton, M. & Neumann-Braun,
K. (1992). Medienkindheit - Medienjugend. München:
Quintessenz.
Charlton, M. & Neumann, K.
(1990). Medienrezeption und
Identitätsbildung. Tübingen: Gunter
Narr.
Eckert, R., Vogelgesang, W.,
Wetzstein, A. & Winter, R. (1991). Grauen und Lust - Die
Inszenierung der Affekte. Eine Studie zum abweichenden
Videokonsum. Pfaffenweiler: Centaurus.
Erikson, E. H. (1973).
Identität und Lebenszyklus. Frankfurt/ Main:
Suhrkamp.
Fahrenberg, J., Hampel, R. &
Selg, H. (1984). Das Freiburger Persönlichkeitsinventar
FPI, revidierte Fassung FPI-R und teilweise geänderte
Fassung FPI-A1. (4. ed.). Göttingen:
Hogrefe.
Filipp, S. H. (1995).
Kritische Lebensereignisse. Weinheim: Psychologische
Verlags Union.
Hawkins, R. P., Pingree, S. &
Fitzpatrick, M. A. (1991). Implications of Concurrent Measures of
Viewer Behaviour. Human Communication Research, 17(3),
485-504.
Holland, N. (1975). 5 Readers
reading. New Haven and London: Yale University Press.
Hurme, H. (1981). Life Changes
during Childhood. Jyv: University of Jyv.
Luca, R. (1993). Zwischen
Ohnmacht und Allmacht. Unterschiede im Erleben medialer Gewalt
von Mädchen und Jungen. Frankfurt/New York: Campus.
Marcia, J. E., Waterman, A. S.,
Matteson, D. R., Archer, S. L. & Orlofsky, J. L. (Eds.).
(1993). Ego Identity. A Handbook for Psychosocial
Research. New York: Springer.
Marcia, J. E. & Archer, S. L.
(1993). Identity Status Interview: Late Adolescent College Form.
In J. E. Marcia, A. S. Waterman, D. R. Matteson, S. L. Archer,
& J. L. Orlofsky (Eds.), Ego Identity (pp. 303-317).
New York: Springer.
Markert, D. & Suckfüll,
M. (2001). Die Zuschauer der Fernsehserie "Akte X". Eine
empirische Studie. Skeptiker, 14(1), 20-26.
Mayer, G. (2000). Risse im
Alltäglichen. Die Rezeption okkulter Darstellungen in
Filmen. Frankfurt/ Main: Peter Lang.
McGuire, W. (1986). The myth
of massive media impact: savagings and salvagings. Public
communication and Behavior. Orlando: Academic Press.
Mischo, J. (1991). Okkultismus
bei Jugendlichen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung.
Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag.
Murray, H. A. (1943). The
Thematic Apperception Test. Cambridge/Mass.: Harvard
University Press.
Noam, G. (1988). The self, adult
development and the theory of biography and transformation. In D.
Laplsey & C. Power (Eds.), Self, ego and identity.
New York: Springer.
Noam, G. G. (1993). Selbst, Moral
und Lebensgeschichte. In W. Edelstein, G. Nunner-Winkler, &
G. Noam (Eds.), Moral und Person (pp. 171-199).
Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Orlofsky, J. L. (1993a). Intimacy
Status: Theory and Research. In J. E. Marcia, A. S. Waterman, D.
R. Matteson, S. L. Archer, & J. L. Orlofsky (Eds.), Ego
Identity. A Handbook for Psychosocial Research (pp.
111-133). New York; Berlin; Heidelberg: Springer.
Orlofsky, J. L. (1993b).
Intimicacy Status Rating Manual (1989 Version). In J. E. Marcia,
A. S. Waterman, D. R. Matteson, S. L. Archer, & J. L.
Orlofsky (Eds.), Ego Identity. A Handbook for Psychosocial
Research (pp. 347-358). New York; Berlin; Heidelberg:
Springer.
Pette, C. & Charlton, M.
(1997). Videosessions - ritualisierter Rahmen zur Konstruktion
von Gefühlen. In M. Charlton & S. Schneider (Eds.),
Rezeptionsforschung (pp. 219-240). Opladen:
Westdeutscher Verlag .
Raschke, S. (1996). Horror
Videos. Die Faszination Jugendlicher am Grauen. Alfeld:
Coppi.
Reß, E. (1987). Horrormotive
im Film. In W. Stock (Eds.), Faszination des Grauens
(pp. 31-59). Frankfurt/M.: Bundesarbeitsgemeinschaft für
Jugendfilmarbeit und Medienerziehung e.V.
Reß, E. (1990). Die
Faszination Jugendlicher am Grauen. Würzburg:
Königshausen und Neumann.
Rothmund, J., Schreier, M. &
Groeben, N. (2001a). Fernsehen und erlebte Wirklichkeit I: Ein
kritischer Überblick über die Perceived
Reality-Forschung. Zeitschrift für Medienpsychologie,
13(1), 33-44.
Rothmund, J., Schreier, M. &
Groeben, N. (2001b). Fernsehen und erlebte Wirklichkeit II: Ein
integratives Modell zu Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen
bei der (kompetenten) Mediennutzung. Zeitschrift für
Medienpsychologie, 13(2), 85-95.
Schweizer, K. & Schneider, R.
(1997). Eine Untersuchung zu personalem und sozialem
Optimismus
Schweizer, K., Schneider, R. &
Beck-Seyffer, A. (2001). Personaler und Sozialer Optimismus.
Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische
Psychologie, (22 ), 13-24.
Thomae, H. (1988). Das
Individuum und seine Welt. (2 ed.). Göttingen:
Hogrefe.
Vogelgesang, W. (1991).
Jugendliche Video-Cliquen. Action- und Horrorvideos als
Kristallisationspunkte einer neuen Fankultur. Opladen:
Westdeutscher Verlag.
Wagner-Winterhager, L. (1984).
Warum haben Jugendliche Lust zu grausamen Filmen? Neue
Sammlung, 24, 356-370.
Winter, R. (1993). Die
Produktivität der Aneignung. Zur Soziologie medialer
Fankulturen. In W. Holly & U. Püschel (Eds.),
Medienrezeption als Aneignung (pp. 67-79). Opladen:
Westdeutscher Verlag.
Winter, R. (1995). Der
produktive Zuschauer. Medienaneignung als kultureller und
ästhetischer Prozeß. München:
Quintessenz.
Endnoten
1) Diese Untersuchung wurde im Rahmen der Abteilung
Kulturwissenschaftliche und wissenschaftshistorische
Studien am Institut für Grenzgebiete der Psychologie
und Psychohygiene e.V. in Freiburg durchgeführt. Der
ausführliche Abschlussbericht wurde als Dissertation
veröffentlicht (Mayer 2000). -> zurück
2) Aus Platzgründen kann hier nicht
ausführlich auf Zusammensetzung und Rekrutierung der
Stichprobe eingegangen werden. Diese Informationen finden sich in
Mayer 2000. Es handelte sich vor allem um Gymnasiasten (N = 29)
und Berufsschüler bzw. Personen in einer berufsbildenden
Maßnahme (N = 14). Von den 50 Vpn. waren 31 männlichen
und 19 weiblichen Geschlechts. Sie wussten vorab, dass es sich
bei dem gezeigten Stimulusmaterial um einen Film mit
„okkulten“ Inhalten handelt. Es handelte sich um eine
„Normalpopulation“, unter denen einige als
„Horrorfans“ bezeichnet werden können.
->
zurück
3) Die erste Frage direkt nach dem Abstoppen des Films
war immer eine offene Frage: „Was geht dir jetzt gerade
durch den Kopf?“ Danach erst wurden einige Fragen nach
speziellen Filminhalten bzw. Szenen, nach den eigenen Bewertungen
usw. gestellt. ->
zurück
4) Auch hier muss aus Platzgründen für
ausführlichere Informationen auf Mayer 2000 verwiesen
werden. ->
zurück
5) Ausführlich in Mayer 2000. -> zurück
6) r = ,249 (50); p < .10. Der explorative Ansatz
und das aufgrund des großen Aufwands der Datenerhebung und
-auswertung relativ geringe N von 50 Probanden führten zur
Entscheidung, für die Interpretation der quantitativen
Ergebnisse mit einem alpha-Fehlerniveau von 10% zu arbeiten (vgl.
Bortz 1993: 118). ->
zurück
7) r = ,395 [46]; p < .01
->
zurück
8) Einfaktorielle ANOVA: F (2,47) = 3,035 (p < .10)
->
zurück
9) Einfaktorielle ANOVA: F (1,46) = 6,064 (p < .05)
->
zurück
10)
Einfaktorielle ANOVA: F(1,48) = 2,933 (p < .10)
->
zurück
11) N = 16. Sieben Jugendliche gaben an, oft, weitere
neun manchmal solche Filme zu sehen. -> zurück
12) Politik: F(1,48) = 5,186 (p<.05);
Sexualität: F(1,48) = 3,148 (p<.10). -> zurück
13) r = ,297 [50]; p < .05 -> zurück
14) Eine detaillierte Darstellung findet sich in Mayer
2000. ->
zurück
15) Eine weitere Differenzierung der
„Horrorfans“ wäre zwar wünschenswert und
vielversprechend gewesen, doch konnte sie aufgrund der geringen
Gruppengröße und des multiplen Testproblems nicht
durchgeführt werden. -> zurück
16) Zur Erhöhung der Plausibilität dieses
Modells müssten alle sieben Fälle vorgestellt werden,
was jedoch aus Platzgründen an dieser Stelle nicht geschehen
kann. Siehe Mayer 2000, Kap. 7. -> zurück
17) Nach Abschluss dieser Untersuchung, die als
Dissertation im Zeitraum von 1996 bis 1999 durchgeführt
worden war, erschien der Ergebnisbericht einer weiteren
medienpsychologischen Studie, die verschiedene
Rezeptionsstrategien von Zuschauern der Fernsehserie „Akte
X“ untersuchte (Markert & Suckfüll 2001). Die dort
gefundenen Ergebnisse scheinen unseren Befund zu bestätigen:
„Wer angibt, Fan der Serie ‚Akte X‘ zu sein,
erreicht keineswegs – wie man vermuten könnte –
höhere Werte auf der Skala für Items wie ‚...
sind für mich die unerklärlichen Phänomene
ausschlaggebend‘ oder ,... bin ich enttäuscht, wenn
das Übersinnliche nicht im Vordergrund steht‘. Eine
mögliche Schlussfolgerung wäre, dass sich die
‚Akte X‘-Fans in der hier betrachteten Stichprobe
nicht in erster Linie durch die Faszination.an der
parawissenschaftlichen Thematik auszeichnen.“ (S. 22)
->
zurück
18) Die Stichprobe unterschied sich in den vier
verwendeten FPI-R-Skalen nicht signifikant von der
Eichstichprobe, mit Ausnahme der Skala
„Extraversion“: Weibliche Vpn. erreichten darin
signifikant höhere Werte als die entsprechende
Vergleichsgruppe der Eichstichprobe. Darin zeigte sich
möglicherweise ein Selektionseffekt: Es erwies sich als
schwieriger, weibliche Jugendliche als Teilnehmerinnen zu
gewinnen. Ein höherer Grad an Extraversion war
möglicherweise gerade bei dieser Gruppe ein wichtiger
Faktor, der zur Bereitschaft der Teilnahme an einem solchen
Experiment beitrug. ->
zurück